Selbstsicherungsschlinge – Material und Sturzverbot

“Warum darf ich in eine Bandschlinge als Selbstsicherungsschlinge nicht fallen, aber wenn ich klettere darf ich in dieselbe Bandschlinge als Zwischensicherung reinstürzen, warum?”

Das Kletterseil ist ein sogenanntes Dynamikseil, das bedeutet nichts anderes, als, dass sich das Seil „bewegen“ kann und zwar in der Länge ausdehnen.

Wenn man 80 kg an 10.0m eines neuen Kletterseils (Dynamikseil) hängt, kann man sehen, dass sich das Seil dehnt und dabei rund 5% länger wird. Das heisst, dass dein 10m Seilstück, plötzlich 10.5m lang wurde. Nehme ich das Gewicht wieder weg, zieht sich das Seil wieder auf die 10.0m zusammen, quasi wie eine „Feder“.

Nimmst du das 10.0m Seilstück nun und lässt das Gewicht (wie bei einem Klettersturz) in das 10m Seilstück reinfallen, dann dehnt sich das Seil sogar auf bis zu 14m! Also um 40% wird es länger, das ist dann ein sogenannter Normsturz (Sturzfaktor ca. 1.7, Sturzstrecke 480cm, 80 kg), mit dem ein Kletterseile geprüft wird.

Und jetzt kommt der Trick der dahinter Steckt:
Wenn sich das Seil dehnt, dann entsteht zwischen den einzelnen Seilfasern Reibung, da es ja geflochten ist und die Fasern in die Länge gezogen werden. Diese Reibung im inneren des Seils sorgt nun dafür, dass die Energie, also das Gewicht des Stürzenden so sanft abgefangen wird, dass weder der Stürzende, noch die Verankerung, oder eben die Bandschlinge zu hohe Kräfte abbekommen.

Das Seil wirkt also wie ein Falldämpfer und wandelt die Sturzenergie in Reibung um. Das tolle ist, dass sich das Seil davon wieder erholt und man dadurch viele Stürze auffangen kann.

Die Bandschlingen und auch die Reepschnüre sind jedoch NICHT dynamisch, nur die Kletterseile. Das bedeutet, dass wenn du nichts hast was den Fall dämpft (also kein dynamisches Seil) wie bei der Selbstsicherung (nur Bandschlinge direkt in Gurt und Verankerung), dann muss diese Bandschlinge die Energie aufnehmen, jedoch kann sie das nicht, da sie so gefertigt ist, dass sie nahezu statisch (kaum Dehnung) ist.

Was dann passiert, ist, das sie entweder beim Sturz reisst, oder dass sie stark genug ist (je nachdem was genau passiert) und hält. Jetzt muss die Sturzenergie, also die sogenannte Bewegungsenergie die durch das Fallen entstanden ist, abgebaut werden und das einzige was nun die Energie aufnehmen kann ist der Körper des Stürzenden.

Das bedeutet, dass wenn der Klettergurt ruckartig von der gespannten Bandschlinge (die in diesem Fall nicht reisst) gestoppt wird und nun der Körper aber weiter nach unten will. Das kann dann so aussehen, dass die Lendenwirbelsäule gestaucht wird, oder der Oberkörper nach hinten gerissen wird usw. Eine Rückenverletzung ist hierbei sehr wahrscheinlich, je nach Sturzhöhe.

Also, alle Kletterseile dämpfen den Sturz und je mehr Seil zwischen dem Kletterer und dem Sicherungspunkt ist (bei gleicher Sturzhöhe), desto weicher wird der Sturz. ABER desto weiter wird auch der Sturz. Bei 30m Seil kann es schon mal zu 4-5m Seildehnung kommen, was für die Dämpfung gut ist. Ist dann aber ein Felsband unter dem Stürzenden, kann diese eigentlich positive Eigenschaft der Dynamik, also der Seilausdehnung, gar nicht mehr so toll sein, da die Gefahr besteht auf das Felsband zu knallen.